Kein Zuhause! – Auswirkungen auf die Leipziger Pfadfinderarbeit
Das Stammesheim ist Dreh- und Angelpunkt eines jeden Stammes. Es bietet die Basis allen Handelns uns trägt maßgeblich zu einem gelungenen Pfadfinderalltag bei. Einen Stamm mit hundert Mitgliedern zusammen zu halten bedeutet viel Kommunikation und Organisation.
Organisatorische Treffen:
Alle drei Wochen trifft sich der Stammesrat. In diesen zwei Stunden kommen alle Mitglieder
zusammen, die im Stamm Verantwortung übernehmen. Es werden vergangene Aktionen reflektiert, Probleme angesprochen und gemeinsam gelöst, sowie zukünftige Treffen und Veranstaltungen besprochen. Der Stammesrat ist außerdem das Bindeglied zwischen dem Landesverband (Organisationsebene des Land Sachsens) und jedem einzelnen Mitglied.
Im wöchentlichen Turnus trifft sich die Stammesführung, vergleichbar mit einem Vereinsvorstand, um sich einen Überblick über aktuelle Themen und Probleme zu verschaffen, Informationen zusammen zu tragen und den Stammesrat vorzubereiten. Im Stamm LEO besteht diese aus vier Personen plus Schatzmeister. Auch die Gruppenleitungen verabreden sich regelmäßig zu Teamtreffen, um ihre Gruppenstunden zu planen, gruppenübergreifende Begegnungen stattfinden zu lassen oder sich in ihrer Arbeit gegenseitig zu beraten.
Hinzu kommen Elternabende und Fahrtenvorbereitungen.
Gleichzeitig ist das Stammesheim der Ort, an dem außerordentliche Veranstaltungen ausgetragen werden.
Einige Beispiele hierfür sind:
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alljährlicher Stammesgeburtstag
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Jahresabschlussevent
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Löwenkonferenz (Jahresplanungsplenum) und
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Mitgliedervollversammlung.
Bei solchen Veranstaltungen kommt der gesamte Stamm zusammen. Wir feiern miteinander, halten Wahlen ab und basteln gemeinsam an unserer Zukunft. Wir spinnen Visionen und festigen unsere Freundschaften. Hinzu kommen Singeabende oder Aktionen bei denen Material und Inventar gepflegt werden.
Der allerwichtigste Teil der Pfadfinderarbeit findet jedoch weiterhin in der Gruppenarbeit mit den Kindern und Jugendlichen statt. Jede der neun aktiven Gruppen trifft sich einmal pro Woche und überbrückt somit den Zeitraum zwischen den heißbegehrten Fahrten und Lagern. Sie bilden den Kern der pädagogischen Arbeit, festigt den Gruppenzusammenhalt und bietet Raum zur freien Entfaltung der Mitglieder.
Auszug aus der pädagogischen Konzeption:
Sie will:
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Fähigkeiten im handwerklichen, körperlichen, musischen, sozialen und geistigen Bereich vermitteln
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Persönlichkeiten entwickeln und Selbstvertrauen stärken,
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das Zusammenleben in der Gruppe und Problemlösen stärken,
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Verantwortungsbereitschaft, Kritikfähigkeit, Offenheit und Kreativität fördern,
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Bewusstsein für die Umwelt und das eigene Umfeld schärfen,
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vorbereiten zum Leben in einer internationalen Gesellschaft.
Im Stammesheim pflegen wir die kleinen und großen Gemeinschaften unseres Stammes.
Die Stammesführung kann nach ihrem Treffen die Tagesordnung für den kommenden Stammesrat hängen lassen. Anmeldungen für die Sippen landen in ihren jeweiligen Briefkästen, es existiert eine kleine Bibliothek mit Spielesammlung, Wanderkarten und Handbüchern. Große Aktionen werden in einem kleinen Büro zentral geplant und archiviert, der Abschluss des Videoprojekts der Sippe wird mit großer Vernissage gefeiert. Zeltmaterial und Bastelzeug ist frei für alle zugänglich, man kann sich spontan zum Singe-Abend verabreden oder man trifft sich einfach mal zum Quatschen. Ein Stammesheim bietet Rückzugs- und gleichzeitig Entwicklungsraum für alle zusammen und jeden einzeln. Leider ist das zur Zeit nur eine Utopie.
2006 ist Stamm LEO dieses zu Hause verloren gegangen. Jeder im Stamm gibt sein Bestes und die inhaltliche Arbeit funktioniert gut. Und doch ist alles kräftezehrender, aufwendiger und manchmal schlichtweg unmöglich.
Nach dem großen Wachstumsschub ist dies umso mehr zu spüren. Die allgemeinen Kommunikationsstrukturen können oft nur mit großer Mühe aufrechterhalten werden. Aller drei Wochen sucht die Stammesführung einen neuen Ort, um den Stammesrat abzuhalten, anstatt sich mit den wirklich wichtigen Fragen und Problemen beschäftigen zu können. Gruppenleitungen müssen ständig einen neuen Treffpunkt an ihre Mitglieder und deren Eltern kommunizieren und ihr Programm an die Wetterbedingungen anpassen. Jedes einzelne der obengenannten Treffen durchzuführen bedeutet einen organisatorischen und zum Teil finanziellen Mehraufwand. Die erste Frage lautet stets: „Wo treffen wir uns?“ und falls eine Lösung gefunden ist: „Können wir uns das leisten?“ Allgemein besteht kaum Sicherheit dafür kontinuierlich gute Arbeit zu leisten. Im Sommer dienen oft die städtischen Parks als vielseitiger Treffpunkt. Doch was, wenn es regnet oder wieder einmal der Winter vor der Tür steht?
Da wir inzwischen mit neun Gruppen und regelmäßigen Gremientreffen für jede Räumlichkeit eine Dauerbelegung wären, müssen wir unsere Gruppen auf viele verschiedene temporäre Orte verteilen. Daraus folgen Kosten oder es müssen Abstriche bei den Ortsgegebenheiten machen. Für jedes Stammestreffen oder Elternabende werden Räumlichkeiten gemietet, welche sonst kostenfrei im eigenen Stammesheim stattfinden könnten.
Nirgendwo kann mal etwas stehen gelassen werden. Das Flipchartpapier aus dem Planungstreffen wandert bei jemandem in die Tasche und steht dann im Privatraum in der Ecke. Die Tonkerzenständer der Meute gehen bei dem Versuch sie sicher im WG-Zimmer der Meutenführerin zu verstauen zu Bruch. Die letzten zwanzig Minuten verwendet man stets für das Aufräumen und Spuren verwischen.
Seit über 10 Jahren zieht der Stamm nun von einer Zwischenlösung in die nächste:
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Handelsschule Kleinzschocher
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Freiräume Schleußig
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Ökogarten Zentrum-West
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Zollschuppenstraße 11
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Waldorfschule Mockau und
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alle Parks der Stadt haben wir schon belagert.
Eine Wiesenfläche der Stiftung Ecken Wecken teilen wir uns seit ein paar Jahren mit dem Bauspielplatz KIWEST e.V.. Doch während andere Vereine des Geländes ihre Winterpause genießen, fragen wir uns Jahr für Jahr, wie wir unsere Arbeit aufrecht erhalten sollen.
So kann das nicht weitergehen!
Der Stamm LEO braucht dringend ein zu Hause!